Die Geschichte des Männergesangsvereines "Liederkranz" Arenshausen e. V.
Ende 1923 und Anfang 1924 kam der Wunsch auf, einen Chor zu gründen, der unabhängig von Vereinen, politischen Richtungen und konfessioneller Bindung war. Dieser Wunsch wird auch in mancher frohen Bierrunde zur Diskussion gestanden haben. Der Gedanke an einen Gesangverein, in dem sicher nicht nur an das Singen allein, sondern auch an die Geselligkeit gedacht war, wurde vom damaligen Kronenwirt Paul Völlmer und dessen Freund Oskar Rasemann aufgegriffen und seine Durchführung in vielen Gesprächen vorbereitet.
Die erste Frage war natürlich die Chormeisterfrage. Die alten Chorleiter standen
trotz eindringlicher Befragung nicht mehr zur Verfügung. Angesprochen wurde auch
der gebürtige Arenshäuser Junglehrer Ernst Strecker, der in Fretterode
unterrichtete. Nach dessen Absage wurde der an der evangelischen Schule in
Arenshausen tätige Lehrer Oskar Rasemann angesprochen.
Paul Völlmer
Als begeisteter Sänger,
der bereits in der Singegruppe des Kriegervereins mitgesungen hatte, sagte er zu
und übernahm die künstlerische Leitung des zu bildenden Chores. Seine Zusage
machte er abhängig von der Forderung nach parteilicher, politischer und
konfessioneller Unabhängigkeit.
Am 27. März 1924 versammelten sich 28 Herren im
Gasthaus "Krone", um einen Männergesangverein zu gründen. Es wurde viel
diskutiert, vor allem aber die bereits erwähnte Chormeisterfrage. Nach diesem
Abend gab es im Dorf erst einmal nur ein Thema: Gesangverein. Da aber in
Arenshausen in den vergangenen Jahren auch ein Frauenchor bestanden hatte,
meldeten sich die ehemaligen Sängerinnen energisch zu Wort und erhoben die
Forderung, einen gemischten Chor zu gründen. Die beiden Initiatoren Paul Völlmer
und Oskar Rasemann rührten eifrig die Werbetrommel und luden alle
gesangsfreudigen Männer und Frauen zum 15. Mai 1924 ein.
Dieser 15. Mai 1924, an dem sich 26 Herren und 21 Damen eingefunden hatten, wird
auch offiziell als der Gründungstag des Gesangvereins angesehen.
Lehrer Rasemann sprach in längeren Ausführungen über Zweck und Ziele des
Gesanges und die Bedeutung eines Gesangvereines. Als Schwerpunkte strich er
besonders heraus: Parteipolitische Bestrebungen sind nicht zu dulden. Der Verein
verneint nicht sein Vaterland. Er sieht das deutsche Volk als einig und als
Ganzes. Das Volkslied soll in erster Linie gepflegt werden. Auch die Musika
sacra soll ihren Platz haben. Das Männerquartett kann eingeführt werden. Die
Geselligkeit soll einen festen Platz im Vereinsleben haben. Wie sollte nun der
Name sein? Vorgeschlagen wurden Harmonie, Frohsinn, Eintracht und Liederkranz.
Die Abstimmung ergab 87 % für Liederkranz. Somit führte der gemischte Chor den
schönen Namen. "Liederkranz" Der gemischte Chor wird ein Männerchor. Nachdem der
Chor am 14. Februar 1925 sein Wintervergnügen gefeiert hatte, wurde eifrig
gesungen. Es blieben aber immer mehr die Frauen den Übungsstunden fern. Der
Chorleiter stellte fest, dass ein erfolgreiches Singen im gemischten Chor keinen
Sinn hatte, zumal der Anteil der Männer immer größer wurde.
Ab Mai 1925 wurde vorerst nur noch im Männerchor gesungen und sie nannten sich
Männergesangverein "Liederkranz". Der Chor hatte zu der Zeit 40 aktive und 10 passive Mitglieder. Der Chor wählte den
Vereinsspruch:
"Solange uns`re Leine rauscht,
soll unser Lied erklingen,
wer Gott und auf sich selbst vertraut,
wird jede Not bezwingen. "
Oskar Rasemann
Der Männergesangverein Kirchgandern ist mit großer Stimmenmehrheit zum Patenverein gewählt worden. Am 01.02.1926 meldete der Vorstand den Männergesangverein "Liederkranz" Arenshausen beim Deutschen Sängerbund an. Am 10.02.1926 ist unser Chor als Mitglied im Deutschen Sängerbund aufgenommen worden. Seit dem 21.02.1926 Mitglied im Werra-Wesergau. Ein umsichtiger Vorsitzender, ein aktiver Gesamtvorstand und ein guter Chorleiter konnten sich mit einer Schar eifriger Sänger in die vordersten Reihen der Eichsfelder Chöre vorarbeiten.
Mit der Eintragung von der am 04.02.1937 durchgeführten Spinnstube enden die Eintragungen in die Vereinschronik. Aus mündlicher Überlieferung wissen wir, dass von den damaligen Machthabern verboten wurde, vereinsinterne Aufzeichnungen zu führen, die Protokollbücher, sowie alle Akten und Vereinsunterlagen sollten im Bürgermeisteramt hinterlegt werden. Die auf losen Blättern geheim angefertigten weiteren Aufzeichnungen sind leider verschollen. Alles, was heute noch vorhanden ist, hatte Oskar Rasemann in seiner Wohnung in der evangelischen Kirche versteckt. Es ist bekannt, dass ab Ende 1937 nur noch wenig im Chor gesungen wurde. Außerdem ließ der Krieg alle Chöre verstummen. Eine öffentliche Ehrung unserer Gefallenen war nach dem Kriege nicht möglich. Wir mußten also abwarten, bis wir wieder ein geeintes Vaterland waren.
Erst nach der Wende war es möglich, unsere Gefallenen und verstorbenen Sangesbrüder offiziell zu ehren. Auf Initiative einiger Chormitglieder konnten wir am Tag der Deutschen Einheit, dem 03. Oktober 1990, einen würdigen Gedenkstein auf dem alten Friedhof bei der Kirche aufstellen. Der Gedenkstein trägt die
Aufschrift:
"Zum Gedenken an die
verstorbenen und gefallenen
Sangesbrüder"
MGV "Liederkranz" Arenshausen e. V.
Als bis Mitte 1946 die meisten überlebenden Soldaten wieder heimgekehrt waren, wurde von Oskar Rasemann für das Aufleben des "Liederkranzes" eifrig geworben. Am 07.10.1946 war die 1. Chorprobe. Die ersten Chorproben waren gut besucht und immer mehr alte und neue Sänger meldeten sich an.
Nachdem sich unser Chormeister Oskar
Rasemann Ende Januar noch hatte operieren lassen, da er hierin die einzige
Möglichkeit zu seiner Heilung sah, hörte am 04. Februar ein großartiges
Sängerherz auf zu schlagen. Ein Herz, welches ein Leben von fast 80 Jahren für
das Deutsche Volkslied und den Chorgesang geschlagen hatte, stand nun für immer
still. Wehmütig und zutiefst erschüttert mußten wir Sänger diese Nachricht
hinnehmen. Nicht nur wir verloren in ihm einen unermüdlichen und
vorwärtsstrebenden Dirigenten, auch das Deutsche Volkslied verlor einen großen
Verehrer und Liebhaber. 40 Jahre stand er als guter Freund und Chormeister vor
unserem Chor und hatte in dieser Zeit ein umfangreiches Liedgut eingeübt.
Als junger Lehrer, noch fremd in Arenshausen und ohne
größere Erfahrungen, arbeitete er an sich und am Verein. Mit unvergleichbarem
Eifer brachte Oskar Rasemann den Chor auf einen beachtlichen Leistungsstand.
Immer darauf bedacht, anderen Menschen durch das Lied Freude zu spenden, ließ er
kein Jahr vergehen, in dem nicht mehrere öffentliche Veranstaltungen
durchgeführt wurden. Ob kirchliche Feiern beider Konfessionen oder weltliche
Feierstunden zu verschönern waren, immer wieder wurden die Sänger unter seiner
Leitung hierfür begeistert. Die kameradschaftliche und freundschaftliche Art mit
seinen Sängern umzugehen und sie zu motivieren, waren seine Stärke. In den
Jahren seiner Leitung hat er es auch verstanden, den Chor durch schlechte Zeiten
zu führen. Sein bester Freund und Helfer war in all den Jahren der Mitbegründer
des Chores, Paul Völlmer.
Oskar Rasemann war im Bereich
des Chorgesanges weit über Orts- und Kreisgrenzen als Dirigent bekannt. Er war
lange Zeit stellvertretender Gauchorleiter des Gaues Rusteberg und des
Sängergaues Unterwerra. Er hatte auch großen Anteil daran, dass der
"Liederkranz" Mitglied im Mitteldeutschen Sängerbund wurde. Wir wollen durch
unsere Bereitschaft zum Singen sein Erbe weitertragen und den Chorgesang in
Arenshausen nicht verklingen lassen. Dies war und ist ihm gegenüber ein
Versprechen. Der Samstag, der 08. Februar 1964, war ein naßkalter, trüber Tag,
an dem wir unseren Chrormeister zu Grabe trugen. Er hätte einen strahlenden
blauen Himmel verdient. Nach der kirchlichen Feier in der Friedhofskapelle,
deren Vorplatz längst nicht alle Trauergäste faßte, sangen wir vor der Kapelle
den Choral "Wer weiß wie nahe mir mein Ende". Von 6 Sängern aus allen Stimmen
wurde er zu Grabe getragen und neben seiner Ehefrau ins Grab gelegt. Von einer
Bläsergruppe des Eichsfelder Orchesters wurde dreimal das "Grüß Gott" geblasen.
Sangesbruder Wolfgang Noll sprach am Grabe ein passendes
Gedicht, das "Sängertestament". Nach der Ansprache des 1. Vorsitzenden Willi
Gries, in der er noch einmal die Verdienste Oskar Rasemanns würdigte, sang der
Chor unter Leitung des jungen Chormeisters
Arnold Werner, der auch einer seiner Schüler war, den
"Bardenchor" und "Im schönsten Wiesengrunde". Seinem letzten Wunsche
entsprechend, sangen wir noch "Du Bruder eh wir auseinander gehen". Möge es auch
weiterhin noch viele Menschen geben, die auf so ein arbeitsreiches und
freudespendendes Leben im Sinne des Chorgesanges zurückblicken können. Möge auch
unser verstorbener Chormeister Oskar Rasemann im Himmel so viel Freude
empfangen, wie er sie mit seinen Sängern auf Erden gespendet hat. Das 40. Jahr
des Bestehens unseres Chores war auch das Sterbejahr unseres alten Chormeisters
Oskar Rasemann. Fast glaubten wir Sänger, dass mit ihm auch unser Gesangverein
zu Grabe getragen werden würde. Aber aus der Jugend des Dorfes wuchs ein von
Herzen begeisterter und fachlich begabter neuer Chorleiter heran.
Arnold Werner (In der Mitte),
der mit Umsicht und Beharrlichkeit bis 1994 vor uns stand, hat das Erbe von
Oskar Rasemann in vorbildlicher Weise erhalten und vermehrt. Nachdem bereits
1963 Vorbereitungen für unser 40jähriges Stiftungsfest begonnen hatten, wollten
wir nun nach dem Tod unseres alten Chormeisters diese Feier im kleinen Rahmen
begehen.
Ein großer Tag für unseren "Liederkranz"war der 3.10.1990!
Die neue Fahne wurde geweiht und das Sängerehrenmal auf dem Kirchhof enthüllt.
Das Präsidium des Mitteldeutschen Sängerbundes führte vormittags eine erweiterte
Vorstandssitzung auf dem Kronesaal durch. Der Festakt am Nachmittag stand unter
der Schirmherrschaft seines Präsidenten Waltari Bergmann. Aus allen
Sängerkreisen des Mitteldeutschen Sängerbundes waren Vertreter anwesend. Mit 10
Vereinsfahnen und dem Ehrenbanner des Mitteldeutschen Sängerbundes zogen die
Delegationen in den Saal ein. Am 22.11.1997 wurde der Chor "Leistungschor des
MSB". Im Juni 1999 beging der Chor eine Festwoche aus Anlaß seines 75 –jährigen
Bestehens.